09.03.2011 | tf

Sozialmieten-Monopoly – Einige Bewohner in der Kochstraße sollen jetzt fast das Doppelte zahlen

Kreuzberg. Die Serie exorbitanter Mietsteigerungen in Gebäuden des sozialen Wohnungsbaus reißt nicht ab. Das bisher jüngste Beispiel gibt es in den Häusern der Kochstraße 16 bis 25.

Dort bekamen einige Mieter zum 1. März eine Erhöhung auf nahezu das Doppelte der bisherigen Miete. In einem Fall gab es einen Anstieg von 900 auf knapp 1700 Euro, in einem anderen von 1063 auf 1961 Euro. Der Quadratmeterpreis liegt in diesen beiden Wohnungen jetzt bei mehr als 14 Euro pro Quadratmeter. Begründet wurde auch dieser Anstieg mit dem Wegfall der Anschlussförderung für den sozialen Wohnungsbau. Wie mehrfach berichtet kann dort seither ein Eigentümer die volle Kostenmiete verlangen.

Dass diese Kostenmiete aber einen solchen Anstieg rechtfertigt, bezweifelt beispielsweise das Bündnis Sozialmieter. „Darin eingerechnet wurden nämlich auch Grundschulden, die angeblich noch für die Gebäude existieren“, sagt Sebastian Jung, Sprecher des Bündnisses und der Mieter im Fanny-Hensel-Kiez. „Unsere Recherchen haben aber ergeben, dass diese Schulden inzwischen gelöscht sind. Warum sollen die Mieter also dafür noch bezahlen?“

Und es gibt für Jung noch einen weiteren Grund, um gegen die Mietexplosion vorzugehen. „Es deutet zumindest einiges darauf hin, dass hier nicht alle Bewohner gleich behandelt und gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoßen wurde.“ Nach seinen Aussagen betrafen die riesigen Mietsprünge zwei Migrantenfamilien. Weitere Bewohner mit ausländischen Wurzeln hätten eine Erhöhung zwischen einem und zwei Euro pro Quadratmeter bekommen. Bei den deutschen Mietern habe sich der Aufschlag dagegen im Centbereich bewegt. „Dieses Vorgehen zeigt, dass manche Vermieter inzwischen meinen, sie könnten sich alles erlauben.“

Die Bewohner in der Kochstraße haben sich in der vergangenen Woche in einem Brandbrief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gewandt. Eine Antwort lag zumindest bis zum Beginn dieser Woche noch nicht vor.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) will nach entsprechenden Aussagen in der vergangenen Woche im Abgeordnetenhaus zumindest prüfen lassen, ob hier eine Diskriminierung vorliegt.

Die Mieter in der Kochstraße scheinen gewillt zu sein, den Kampf aufzunehmen. Nach Auskunft von Sebastian Jung hat dort bisher niemand seine Wohnung gekündigt, was eigentlich zum 3. März hätte passieren müssen. Die Bewohner setzen darauf, dass das Vorgehen ihres Vermieters zunächst auf seine Rechtmäßigkeit, beziehungsweise Unrechtmäßigkeit geklärt wird.

Sozialmieten-Monopoly
Einige Bewohner in der Kochstraße sollen jetzt fast das Doppelte zahlen

Artikel in der Berliner Woche vom 09.03.2011