14.02.2011 | Von: Daniela Englert

Sozialwohnungen als Renditeobjekte

Neue Investoren profitieren zum Nachteil der Mieter. Die wollen jetzt klagen

Hans-Joachim Gellwitzki klingt gar nicht kämpferisch, eher verhalten, wenn er dieses Wort benutzt, was angesichts der Lage ein bisschen altmodisch klingt: Gerechtigkeit. Der Berliner Fachanwalt für Mietrecht hat ein Ziel: Das „Damoklesschwert Kostenmiete“ soll entschärft werden. Denn nach dem Wegfall der Anschlussförderung können Vermieter von Sozialwohnungen Kostenmieten von 12 bis 20 Euro pro Quadratmeter verlangen oder ihre Mieter innerhalb kürzester Zeit dazu zwingen, aus der Wohnung auszuziehen. Das allgemeine Mietrecht gilt hier nicht. Für insgesamt 28 000 Wohnungen in 713 Objekten hat der Senat im Jahr 2003 die Subventionen gestrichen.

Seitdem und noch bis 2016 fallen jedes Jahr tausende Wohnungen aus der Förderung. Die Folge: Insolvenzen und Zwangsversteigerungen.

Das machen sich findige Investoren zunutze. Der heutige Verkehrswert der Immobilien liegt meist deutlich unter den damaligen Baukosten. Die Differenz zwischen Kaufpreis und Kostenmieten kann der Investor als Gewinn einstreichen. Anwalt Gellwitzki kennt solche Fälle: „Die Herstellungskosten lagen beispielsweise bei zehn Millionen Euro, der Kaufpreis beträgt aber nur noch vier Millionen. Trotzdem setzt der neue Eigentümer die Kostenmiete nach den ursprünglichen Herstellungskosten an, obwohl er diese Bewirtschaftungskosten gar nicht hat.“

Pikant ist: In vielen der Häuser, in denen es im vergangenen Jahr drastische Mietsteigerungen gab, wie im Fanny-Hensel-Kiez, dem nördlichen Kreuzberg und Schöneberg, haben nicht Alteigentümer aus finanzieller Not heraus die Miete erhöht, sondern Investoren. „Den Mieterhöhungen ging fast immer eine Insolvenz voraus, in deren Zuge die Immobilien verkauft wurden“, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.

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Sozialwohnungen als Renditeobjekte
Vollständiger Artikel im Tagesspiegel vom 14.02.2011