09.11.2011 | von Ralf Schönball

Koalitionsverhandlungen

Wohnungspolitik ist brisantes Thema

Rot-Schwarz ist sich über die künftige Wohnungspolitik weiter uneins. Vier Beispiele, wie sich die Mieten extrem verteuern können.

Nach zwei Stunden war es vorbei: Da unterbrach die „große Runde“ um Klaus Wowereit und Frank Henkel ihre Koalitionsverhandlungen zu den Themen Stadtentwicklung und Verkehr. „Mitten in der Diskussion, weil das Zeitbudget verbraucht war“, sagte Christian Gaebler (SPD). Bernd Krömer (CDU) sekundierte: „Das war von vornherein so angelegt.“ An diesem Mittwoch verhandeln sie weiter. Solange geloben sie zu schweigen – in überraschend konsequenter Harmonie steuern sie das gemeinsame Ziel der großen, rot-schwarzen Koalition an.

Störungen gibt es allenfalls von draußen, vom Volk: Ein Bündnis von parteilich nicht gebundenen Initiativen überreichte den Koalitionären in spe ihr „mietenpolitisches Dossier“ mit drastischen Beispielen dafür, wie sich die Lage am Wohnungsmarkt verschärft.

Die Mietenpolitik zählt, wie berichtet, zu den offenen Punkten der Arbeitsgruppe: Soll die Umwandlung von Wohnungen in hotelartige Herbergen verboten werden? Wie stark sollen landeseigene Wohnungsbaugesellschaften vom Senat zur Bekämpfung der Wohnungsnot eingesetzt werden, wie die SPD es will? Braucht es erneut einen subventionierten Wohnungsneubau, wie die CDU es fordert?

Allein im vergangenen Jahr registrierte das Statistische Landesamt mehr als 450.000 Umzüge in der Stadt. Bei jedem Wohnungswechsel drohen Mieterhöhungen. Das ist nicht der einzige Grund für den steigenden Druck am Wohnungsmarkt. Hier einige Beispiele.

Förderstopp=Mietendruck. Beispiel Kottbusser Tor. Die südlich von der Bahntrasse gelegenen Hochhäuser sind subventionierte Sozialbauten. Die Förderungen werden aber schrittweise abgebaut und durch Mieterhöhungen ausgeglichen: 13 Cent pro Quadratmeter sind es jährlich. Unter den Bewohnern der Kreuzberger Sozialbauten sind viele Migranten im Rentenalter. Deren Bezüge sind unterdurchschnittlich, weil sie nicht durchgehend sozialversicherungspflichtige Arbeit hatten. Auch für sie wurden die 150 000 Sozialwohnungen einmal gebaut. Doch trotz der Subventionen liegen deren Mieten mit 5,40 Euro pro Quadratmeter über dem Durchschnittswert im Mietspiegel. Wer wenig Geld hat, kann sich die kaum leisten.

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Artikel im Tagesspiegel vom 09.11.2011