Der Berliner Wissenschaftsbund unter Mitwirkung von Prof. Dr. Rainer Schröder, Prof. Dr. Martin Schwab und Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski hat das Abgeordnetenhaus in einer am 18. Juni 2011 veröffentlichten Pressemitteilung dazu aufgefordert, das sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Wohnraumgesetz Berlin (WoGBln) zu verändern: Es müsse sichergestellt werden, dass

„gemäß der Bestimmungen des § 8 WoBindG nur Kostenpositionen bei der Mietenermittlung in Anrechnung gebracht werden dürfen, die tatsächlich anfallen, keinesfalls jedoch längst von der Vermieterseite gegenüber Dritten nicht mehr zu erbringende Positionen.“

Hier die Pressemitteilung des Berliner Wissenschaftsbundes in seinem Wortlaut:

„Pressemitteilung des Berliner Wissenschaftsbundes

vom 18. Juni 2011

In Ergänzung des Memorandums des Berliner Wissenschaftsbundes, eines Zusammenschlusses interdisziplinär tätiger Wissenschaftler, das am 15. Juni 2011 unter Mitwirkung der Berliner Universitätsprofessoren Dr. Rainer Schröder, Dr. Martin Schwab und Dr. Hans-Peter Schwintowski veröffentlicht wurde, und in Würdigung der jüngsten, am gleichen Tag erfolgten Beratungen des Berliner Parlamentsausschusses für Bauen und Wohnen und deren Ergebnissen fordert der Berliner Wissenschaftsbund die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses dahingehend auf, zivilrechtlich bedenklich erscheinende Praktiken durch umgehend zu formulierende Änderungsanträge zu unterbinden, damit gemäß der Bestimmungen des § 8 WoBindG nur Kostenpositionen bei der Mietenermittlung in Anrechnung gebracht werden dürfen, die tatsächlich anfallen, keinesfalls jedoch längst von der Vermieterseite gegenüber Dritten nicht mehr zu erbringende Positionen.

Der Berliner Wissenschaftsbund fordert zudem eine grundsätzliche Diskussion zum Thema des Mietwohnungsbaus in Berlin und insbesondere zur Thematik eines kostengünstigen Wohnens für jene Teile der Bürgerschaft, die zum Begünstigtenkreis des vor Jahren eingestellten Sozialen Wohnungsbaus zählten. Dies erfordert ein kreatives Nachdenken fern des Bisherigen und ein Formulieren von Kriterien, die ein Bauen von neuen Sozialwohnungen in einem anders als bislang definierten Sozialen Wohnungsbau ermöglichen.

Entgegen der öffentlichen Meinung, geht es im Kontext sämtlicher Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der vor Jahren von Dr. Thilo Sarrazin (SPD) initiierten Abschaffung der Anschlussförderung auch darum, dass die hierdurch eingetretenen Problemstellungen für Investoren nicht dazu führt, dass einige, zumeist ausländische Fonds – fern jeder „Bindung an die erworbenen Immobilien“ – eine auf nahezu ausnahmslose Gewinn-maximierung und maximalen Eigennutz ausgelegte Vermietungspolitik betreiben, die zu einer Forcierung der geradezu systematischen Verdrängung von Sozialmietern aus ihren Wohnungen beiträgt. Selbstverständlich benötigt Berlin das Investitionsengagement von inländischen und gerade auch von ausländischen Kapitalanlegern. Der in der deutschen Verfassung verankerte Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet, muss erlebbare Wirklichkeit im Beziehungsgeflecht von Mietern und Vermietern sein, da das Grundgesetz festlegt, dass der Gebrauch und die Bereitstellung von Eigentum dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen hat. Es geht also nicht um eine neue Diskussion zum Thema der versagten Anschlussförderung, wohl aber kann es nicht bei der Hilflosigkeit offenbarenden politischen Sprachlosigkeit gegenüber jenen Problemen bleiben, die die Beendigung dieser hervorrief und die zum Teil sogar zu existenzbedrohenden Situationen bei Investoren, insbesondere bei zahlreichen Kleinanlegern, führt. In diesem Kontext ist es durchaus bemerkenswert, dass die von Dr. Thilo Sarrazin (SPD) zu dessen Amtszeiten als Berliner Finanzsenator errechneten Einsparungspotentiale nicht eingetreten sind, sondern der Landeshaushalt zusätzlich belastet wurde und nach wie vor in Anspruch genommen wird. Dies dokumentiert sinnfällig, dass Gesetze für den Wohnungsbau, die ohne eine Langzeitwirkungen betrachtende und somit ausreichende Expertise beraten und parlamentarisch verabschiedet werden, bezogen auf das vom Gesetzgeber Beabsichtigte, gegenteilig wirken können.

Der Berliner Wissenschaftsbund beabsichtigt im Zusammenwirken mit den von Professoren Dr. Rainer Schröder, Dr. Martin Schwab und Dr. Hans-Peter Schwintowski Empfehlungen zu erarbeiten, die dann mit den im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien, mit den Mieter- und Betroffenenverbänden, mit den Interessenvertretungen der Wohnungs-wirtschaft und der Investoren für Wohnimmobilien sowie mit weiteren Experten erörtert und schließlich öffentlich – unter bewusst gesuchter Bürgerbeteiligung – diskutiert werden. Das weitergehend angestrebte Ziel besteht darin, die vom Berliner Wissenschaftsbund angeregte Erarbeitung eines „Weißbuchs zur Situation des Berliner Wohnungsbaus“ zu initiieren, das dann konkrete Handlungsempfehlungen für die Parlamentsfraktionen und somit ausformulierte Hinweise für gesetzgeberische Initiativen enthalten wird.

Autor der Presseerklärung ist Hon.-Prof. Dr. Reinhard Bauermeister“

Pressemitteilung des Berliner Wissenschaftsbundes
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