Unabhängig vom Fördermittelstopp gelten die Wohnungen, für die die Anschlussförderung versagt bleibt, noch für Jahrzehnte als öffentlich gefördert. Erstmals hat der Senat eingeräumt, dass Erwerber dieser Sozialwohnungen zu Lasten von Mietern und Steuerzahlern „Kapitalrenditen von über 50%“ erwirtschaften. Damit wird in Berlin gegen geltendes Recht verstoßen, welches im Sozialen Wohnungsbau eine Rendite von höchstens 6,5 % zulässt.

Berlin, den 31. Januar 2011: Der wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Matthias Brauner, richtete in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 16/15029, Anhang) u.a. folgende Fragen an den Senat: „Wie bewertet der Senat, dass notleidende Objekte durch neue Investoren zu rd. 30% der ursprünglichen Kosten erworben werden, die Kostenmiete aber auf der Basis der ehemaligen Kapitalkosten berechnet werden und somit Kapitalrenditen von über 50% – mithin Abzocker-Renditen – ermöglicht werden? Wie wird der Senat diesen inakzeptablen Entwicklungen entgegenwirken?

Der Senat antwortete hierauf, dass die „genannten Kapitalrenditen sich auf Ausnahmen beschränken“ dürften, womit erstmals eingeräumt wird, dass mit Sozialwohnungen tatsächlich Gewinne von mehr als 50 % realisiert werden.

Durch diesen interessanten Halbsatz wird bestätigt, dass in Berlin gegen geltendes Recht verstoßen wird: Das Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz, WoBindG) schreibt in § 8 vor, dass die Miete nicht höher sein darf als „zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist (Kostenmiete)“. In § 8a WoBindG ist festgelegt, dass der „Wert für Eigenleistungen“ zu höchstens 6,5 % verzinst werden darf. Wir stellen fest, dass die Investoren Gewinne erzielen, die mehr als sieben Mal größer sind als das Gesetz erlaubt.

Weiter heißt es in der Antwort des Senats an den Abgeordneten Brauner: „Der Schutz der betroffenen Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Mietforderungen ist Bestandteil des von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erarbeiteten Gesetzentwurfs für ein Berliner Wohnraumgesetz.

In Wirklichkeit plant der Senat jedoch, die Wohnungen, in denen es derzeit aufgrund der krassen Mietsteigerungen zur Verdrängung der Mieterinnen und Mieter kommt, von der Abschaffung der exorbitanten Mieten auszuschließen.

Im Gesetzentwurf des Senats heißt es unter der Überschrift „Umgang mit Wohnungen, die vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind (insgesamt rd. 28.000 Wohnungen)“: „für diesen Bestand soll die bisherige […] Kostenmietbindung weiter gelten.

Voraussetzung für eine Zweckentfremdung der Sozialwohnungen ist, dass die Belegungsbindung („WBS-Pflicht“) aufgehoben ist, was den Austausch der bisherigen Mieterschaft gegen zahlungskräftigere Mieter erst ermöglicht. Der Senat hat diese Rahmenbedingung tatsächlich geschaffen: Im Jahresbericht 2009, den der Senat dem Abgeordnetenhaus zu den Folgen der Einstellung der Anschlussförderung vorgelegt hat (Drucksache 16/3259), heißt es: „Zur Unterstützung der betroffenen Vermieter wird unter weitgehender Ausschöpfung der gesetzlichen Freistellungsregelungen auf die Einhaltung der Belegungsbindungen in den vom Wegfall der Anschlussförderung betroffenen Objekten […] verzichtet.

Die Förderung von verbotenen „Abzocker-Renditen“ führt dazu, dass Scharen von Mieterinnen und Mietern ihre Wohnungen verlieren. Sozial schwächere Menschen werden aus der Innenstadt in Problemkieze abgedrängt. Es kann nicht sein, dass die Öffentliche Hand über Jahrzehnte Millionenbeträge ausgegeben hat, damit nun Sozialwohnungen zweckentfremdet werden. Es ist nicht einzusehen, dass Immobilienspekulanten riesige Gewinne erzielen, während die Bewältigung der sozialen Folgeprobleme selbstverständlich der Steuerzahler zu tragen hat.

Wir fordern die Politik dazu auf, uns Mieterinnen und Mietern, die wir weder die Kraft noch die finanziellen Mittel haben, um jahrelange Prozesse gegen Immobilienspekulanten zu überstehen, dabei zu helfen, zu unserem Recht zu kommen. Warum unterstützt der Senat die Immobilienspekulanten zu Lasten der Mieter und Steuerzahler – und das auch noch gegen das Gesetz?

Die jetzt bekannt gewordene Allianz zwischen rot-rotem Senat und Immobilienspekulanten im Sozialen Wohnungsbau macht die Schaffung eines eigenen Interessenverbandes der hierdurch geschädigten Mieterinnen und Mieter erforderlich. Bis zum Sommer wird daher eine im Vereinsregister eingetragene zentrale Anlaufstelle geschaffen, die aus dem Internetportal sozialmieter.de hervorgeht. Hier werden derzeit alle relevanten Informationen zum Thema zusammengetragen. Im Rahmen der letzten Aktion besuchten Mietervertreter am 30.11.10 unter dem Motto „Stoppt die erfundenen Kostenmieten und verbotenen Millionenprofite!“ den Landesparteitag der Linkspartei.

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